Da sich die Darstellung der besonderen Geschichte der Landesverbände Ost im BDK gerade in der Zeit der ehemaligen DDR im damaligen Deutschen Fastnachtmuseum in Kitzingen nicht wiederfand, kam es auf Anregung von BDK Vizepräsident Michael Danz und Unterstützung der Ost-Präsidenten zu einer ersten Gesprächsrunde zu diesem Thema am 04.11.2005 in Kitzingen. Eingeladen wurden dazu aus jedem der fünf Verbände ein Vertreter des jeweiligen Brauchtumsausschusses mit besonderem Wissen und Erfahrungen aus der besagten Zeit.
Unter Leitung des BDK-Präsidenten Volker Wagner und BDK-Vize Danz trafen sich Dr. Hans Schubert (Berlin-Brandenburg), Harald Schulze (Sachsen-Anhalt), Horst Blawitzki (Sachsen) und Martin Krieg (Thüringen) gemeinsam mit den Vertretern des Museums in Kitzingen, Hans-Joachim Schumacher und Hans Driesel zu Gesprächen. Nach reger Diskussion wurde beschlossen, dass unter Federführung des Deutschen Fastnachtmuseums eine Sonderausstellung zum Thema „Fasching, Fastnacht und Karneval in der ehemaligen DDR“ entstehen soll, welche dann als Wanderausstellung die Besonderheiten dieser Zeit den Menschen aufzeigen kann. Mit den Anwesenden wurde eine Arbeitsgruppe gebildet, zu der noch Gerhard Pingel (Mecklenburg-Vorpommern) und in der praktischen Umsetzung Jürgen Blatz (Buchen) dazu kamen.
Nach langer wissenschaftlicher Aufarbeitung der Zeit, dem Zusammentragen von Ausstellungsstücken und konzeptioneller Gestaltung der Ausstellung gelang es, diese mit finanzieller Unterstützung des BDK und gefördert vom Bezirk Unterfranken am 06. Mai 2007 im Rathaus der Stadt Kitzingen offiziell zu eröffnen.
Nach der Eröffnung in Kitzingen ging die Ausstellung auf Wanderschaft und sorgte an den vielen Ausstellungsorten für viel Aufsehen. Nicht nur der Einblick in die besondere Funktion des Karnevals in dieser Zeit begeisterte die Besucher, vielmehr ist es auch eine Darstellung des gelebten Alltags in dieser Zeit, welcher von der Ausstellung transportiert wurde. Gerade viele Schulen nutzten die Ausstellung, um den Jugendlichen bei einem Besuch dieses Stück Zeitgeschichte näher zu bringen. Stationen der Ausstellung waren unter anderen:
Kitzingen 2007 • Schweinfurt 2008 • Mainz 2008 • Nürnberg 2009 • St. Ingbert 2010 • Werder 2010 • Ellingen 2010 • Kitzingen 2011 • Worms 2011 • Braunschweig 2011 • Hofheim 2012 • Erfurt 2013
Nach einer Sonderausstellung im nach Umbau neu eröffneten Deutschen Fastnachtmuseum in Kitzingen im Jahr 2015 wurde die Ausstellung als Leihgabe nach Braunschweig gegeben, wo sie nach Schaffung von geeigneten Räumlichkeiten dauerhaft zu sehen sein soll.
Ein besonderer Dank gilt der Arbeit des Projektteams unter Leitung von Hans-Joachim Schumacher für die Schaffung dieser Ausstellung sowie Michael Danz für die Koordination und Jürgen Blatz für die praktische Arbeit bei der Umsetzung und auf der langen Wanderschaft.
Auszüge zum Inhalt der Ausstellung:
„Fasching, Fastnacht und Karneval in der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik (DDR)“
Gratwanderung zwischen Anspruch und Wirklichkeit
Die Sonderausstellung mit dem Thema „Fasching, Fastnacht und Karneval in der ehemaligen DDR“ beschäftigt sich mit einem Bereich der Alltagskultur jenseits von Mauer und Stacheldraht, der den Bewohnern in den alten Bundesländern nur wenig bekannt ist, obwohl er in der Breitenkultur der früheren DDR im zeitlichen Entwicklungsablauf einen immer breiteren Raum einnahm. Diese vom Bundesverband des Deutschen Karnevals initiierte Ausstellung ist als ein Beitrag zum Transformationsprozess der Wiederherstellung der Deutschen Einheit zu verstehen, die zwar 1989 und 1990 rechtlich vollzogen wurde, aber bis heute nicht zum Abschluss gekommen ist. Dies hat seine Ursachen vor allem darin, dass den Bürgern in den alten Bundesländern der Alltag in der ehemaligen DDR bis heute weitgehend fremd geblieben ist. Ein Blick vor und hinter die Kulissen eines Festes, das von ganz anderen Rahmenbedingungen als der Karneval in der Bundesrepublik Deutschland geprägt war, kann sicher zum besseren gegenseitigen Verstehen seinen Beitrag leisten.
Der Karneval in der ehemaligen DDR konnte nicht auf die vorhandenen historischen Traditionen zurückgreifen. Zuerst staatlicherseits weitgehend ignoriert, da er als überholtes Relikt einer überholten Bürgertradition galt, zwang seine zunehmende Akzeptanz in der Bevölkerung dazu, ihn als Objekt der Kulturförderung und das hieß im Sozialismus auch immer als Gegenstand der inhaltlichen Beeinflussung zu begreifen. Seine Arbeit unter den Bedingungen einer staatlich gelenkten Planwirtschaft legte es aber auch nahe, ihn soweit wie möglich unter die Trägerschaft von volkseigenen Betrieben zu stellen.
Die Ausstellungskonzeption knüpft an der zahlenmäßigen Bedeutung der Karnevalsklubs in der DDR an, die im Vergleich zur Entwicklung in den westdeutschen Ländern größer gewesen ist. Sie versucht, die Stellung des Phänomens im Vollzug des Aufbaues des Sozialismus in der früheren DDR zu orten und die dabei praktizierten staatlichen Überwachungs- und Beeinflussungsmethoden aufzudecken.
Sie zeigt, wie sich im Doppelzugriff über die Kulturhäuser und Fortbildungs-Werkstätten, aber auch von Seiten der Staatssicherheitsbehörden die Aktiven stets in der „Kunst des Möglichen“ zu üben und zu bewähren hatten. Unter diesen Bedingungen war es schon ein kleines Wunder, dass sich der DDR-Karneval dennoch zu einem für das System immer gefährlicher werdenden Ventil der Meinungsfreiheit zu entwickeln vermochte. Opfer blieben natürlich dann nicht aus, wenn die Aktiven nicht davor zurückscheuten, für ihre Sache öffentlich zu demonstrieren.
Ein ganzes Jahr lang haben die in die Ausstellungsarbeit eingebundenen Mitarbeiter aus den alten und neuen Bundesländern Sach-Objekte zusammengetragen, die nicht nur als ein materieller Beitrag zur Geschichtsaufarbeitung der DDR-Epoche zu bewerten sind, sondern auch den Besucher der Ausstellung einen lebendigen Einblick in die Lebensbiographie der Deutschen jenseits von Mauer und Stacheldraht ermöglichen werden. Damit die gesammelten Zeitzeugen auch für die Zukunft gesichert bleiben, gehen diese nach Abschluss der Sonderausstellung in die Bestände des Deutschen Fastnachtmuseums über.