Narrathürium? Was soll das sein?
Um das zu erklären, holte der LTK-Präsident etwas aus. Der Landesverband Thüringer Karnevalvereine veranstaltet jährlich seine Mitgliederversammlung in Form eines Präsidententreffens oder Narrenkongresses. Bei dieser Veranstaltung werden alle anwesenden Präsidenten der LTK-Mitgliedsvereine auf die Bühne gerufen und mit ihren Vereinsnamen und Schlachtrufen vorgestellt. Während dieses Aufmarsches wird 20-30 Minuten lang der Narrhallamarsch gespielt. Nach dem letzten Präsidententreffen in Ellrich fragte Roland „Stiebi“ Eckard, eine musikalische Koryphäe, den LTK-Präsidenten: „Warum spielt der Thüringer Landesverband einen Marsch aus Mainz? Gibt es keine eigene Thüringer musikalische Identität?“ Da Matthes die letzte Frage zu seinem Bedauern bejahen musste, arbeitete diese Tatsache in seinem Kopf und es kamen viele Fragen auf.
Warum gibt es eigentlich keinen Thüringer Narrenmarsch?
Wäre es ein Bruch mit der Tradition, wenn man statt des Mainzer Narrhallamarschs einen Thüringer Marsch spielen würde?
Sollte man einen bereits vorhandenen Marsch als Thüringer Narrenmarsch deklarieren oder etwas Neues komponieren lassen?
Mit all diesen Fragen konfrontierte Matthes seinen Brauchtumsausschuss und die volkskundliche Beratungs- und Dokumentationsstelle Thüringen – alle kamen zu demselben Ergebnis: Es wäre eine Weiterentwicklung des Brauchtums, ein Zeichen dafür, dass sich Brauchtum wandelt, und ein Versuch, die thüringische Identität im Fasching und Karneval zu stärken.
Daraus ergab sich die Frage: Ist es Größenwahn oder Naivität, den Versuch eines eigenen Marsches zu starten, oder könnte es sogar eine sogenannte Totgeburt wie das Internet sein?
Diese Fragen konnte Matthes nicht beantworten, und er bat das Netzwerk Musik, den Fachausschuss für alles Musikalische im Landesverband, um einen Entwurf.
Das Ergebnis war eine Marschmusik, die auf der Melodie von Kevin Neons Siegerhit des Landesliedwettbewerbs 2023/2024 „Fliegen“ basierte.
Das Wort „Thüringer Narrenmarsch“ schien Neon und Matthes jedoch etwas zu simpel. Bei der Suche nach Synonymen für die Erzählung stießen sie auf „Narrativ“, was Matthes aufgrund des Begriffs „Narr“ im Namen passend fand und als gelungene Kombination empfand. Allerdings fehlte noch der Thüringer Bezug, daher wurde aus dem Synonym für die Erzählung und Thüringen schließlich „Narrathürium“ geschaffen, das erstmals bei der Inthronisierung des Landesprinzenpaares 2024 am 06.01.2024 um 11:11 Uhr verwendet wurde.
Ob damit Geschichte geschrieben wird, wird sich zeigen. Neon und Matthes haben nicht das Ziel, den Karnevalsklassiker aus Mainz komplett zu ersetzen, sondern sie starten einen Versuch, das thüringische Musikgut zu fördern, und hoffen, dass die 333 Mitgliedsvereine des LTK dieses Stück in der kommenden Saison nutzen werden. Neon versprach, nicht nur eine Einmarschmusik, sondern auch eine tanzbare Version dieses Marsches für die Garden zur Verfügung zu stellen. Matthes hofft und wünscht sich, dass die Thüringer Garde, die ursprünglich für das einmalige Projekt auf der BDK-Meile 2023 in Erfurt ins Leben gerufen wurde, eines Tages zu diesem Marsch mit Live-Musik tanzen wird, und sagt mit einem Lächeln: „Man muss auch Träume haben – mal schauen, was daraus wird.“
Entwurf der Narrathürium-Tanzversion (140 BPM)
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