Am Abend des 17. September 2024 trafen sich die Vertreter der Thüringer Karnevalvereine wieder zum monatlichen Thüringer NarrenTreff, um wichtige Themen rund um das Brauchtum und die Zukunft des Thüringer Karnevals zu besprechen. Unter der Leitung von Christoph Matthes wurden dabei sowohl aktuelle Entwicklungen als auch künftige Aufgaben diskutiert. Der Abend stand vor allem im Zeichen des immateriellen Kulturerbes und der Frage, wie der Thüringer Karneval lokal und überregional weiter gefördert werden kann. 

Der Karneval und das immaterielle Kulturerbe 

Eine der zentralen Fragen des Abends drehte sich um die Würdigung und Anerkennung des Karnevals als immaterielles Kulturerbe. Damit beschäftigen sich nicht nur die Karnevalisten in Thüringen sondern deutschlandweit. Professor Dr. Werner Mezger, renommierter Experte für Fastnacht und Karneval, war als Gast eingeladen, um hierüber genauer zu informieren. 

Er berichtete ausführlich über die bisherige Geschichte der Anerkennung von Fastnacht, Fasching und Karneval als immaterielles Kulturerbe: 2014 wurden der Rheinische Karneval und die Schwäbisch-Alemannische Fastnacht als beispielhafte Ausdrucksformen fastnächtlicher und karnevalistischer Traditionen von der Deutschen UNESCO-Kommission ins bundesweite Verzeichnis des immateriellen Kulturerbes aufgenommen. Sie waren gewissermaßen die Vorreiter. 

Im Lauf der Zeit kamen jedoch eben diese beiden Trägergruppen zu dem Schluss, dass es eigentlich wünschenswert wäre, Fastnacht, Fasching und Karneval nicht nur in einzelnen regionalen Ausprägungen, sondern sie in ihrer ganzen bunten Vielfalt deutschlandweit als bedeutendes immaterielles Kulturerbe zu würdigen. Bei allem äußerem Variantenreichtum haben Karneval, Fastnacht und Fasching nämlich die gleichen Wurzeln und sind einfach nur verschiedene Ausprägungen ein und derselben großen gemeinsamen Tradition. Keine andere Brauchform in Deutschland wird Jahr für Jahr von so vielen tausenden, zehntausenden, hunderttausenden, ja Millionen Menschen gefeiert und gelebt wie eben Fastnacht, Fasching und Karneval. Und keine andere Brauchform ist so identitätsstiftend, integrativ und offen für Menschen jeden Alters und Geschlechts, jeden Standes und jeglicher Herkunft wie eben das närrische Treiben an den Tagen vor Aschermittwoch. Und keine andere Brauchtradition trägt in so hohem Maße zur Fröhlichkeit, zum Miteinander und damit letztlich auch zum Zusammenhalt der Gesellschaft bei wie eben Fastnacht, Fasching und Karneval. Dieses grandiose Phänomen in seiner ganzen Breite und in all seinen Facetten von der UNESCO als herausragendes immaterielles Kulturerbe ausgezeichnet zu sehen, wäre nach Werner Mezger ein visionäres Idealziel. Eine solch umfassende Gesamtwürdigung der karnevalesken und fastnächtlichen Traditionen in Deutschland fände sicher auch weit über die Grenzen hinaus große Beachtung. 

Besonderheiten des ostdeutschen Karnevals 

Neben den großen und übergreifenden Gemeinsamkeiten des Gesamtphänomens aber gibt es durchaus auch regionale Eigenheiten, in denen die Dynamik und Vitalität der Kulturform Karneval und Fastnacht in besonderer Weise zum Ausdruck kommt. Das zeigt sich eben etwa in der Spezifik des Thüringer Karnevals. Wie und wo sich der ostdeutsche Karneval von seinen westdeutschen Pendants unterscheidet, erläuterte deshalb Dr. Juliane Stückrad von der Volkskundlichen Beratungs- und Dokumentationsstelle für Thüringen. Sie betonte die Einzigartigkeit der ostdeutschen Karnevalstradition, die oft eine politische Dimension hatte. Viele Vereine wurden in den 1970er Jahren in der DDR gegründet – häufig aus einer unverkennbar mehr oder weniger offen gezeigten kritischen Einstellung gegenüben dem Regime. „Es ist wichtig, diese besondere Geschichte zu würdigen, denn sie zeigt, dass der Karneval in Ostdeutschland mehr war als nur ein Fest – er war ein Ausdruck von Freiheit und Selbstbestimmung“, sagte Juliane Stückrad.  

Gerade auch diese für die Akteure nicht immer ganz ungefährliche Widerständigkeit sollte, so ergänzte Werner Mezger, heute als Charakteristikum und ganz besondere Leistung des Thüringer Karnevals eine angemessene kulturhistorische Wertschätzung erfahren. Speziell mit ihrer subtilen politischen Dynamik, die nicht nur Humor und Witz, sondern durchaus auch Zivilcourage erforderte, würde die jüngere Thüringer Brauchtradition das immaterielle Kulturerbe Fastnacht, Fasching und Karneval um eine ebenso wichtige wie beeindruckende Facette erweitern. Dies anhand von lokalen Quellen an konkreten Beispielen deutlich zu machen, wäre eine lohnende Aufgabe für Lokalhistoriker. 

Was können die Vereine jetzt tun? 

Die örtlichen Vereine könnten mit der Dokumentation ihrer eigenen Brauchgeschichte einen wertvollen Beitrag für die angestrebte Auszeichnung des Thüringer Karnevals als immaterielles Kulturerbe leisten. Mike Limmer äußerte allerdings eine gewisse Frustration darüber, dass bisher nur wenige Vereine auf diesbezügliche Anfragen des Verbands geantwortet und auf entsprechende Ermunterungen zur Mitarbeit reagiert haben. Eine relativ große Zahl von Vereinen habe, so Mike, die Bedeutung einer solchen Zuarbeit anscheinend noch nicht erkannt. Verstärktes Engagement der lokalen Brauchträger in dieser Richtung und Interesse an der eigenen Geschichte sei aber eine wesentliche Voraussetzung dafür, den erhofften Kulturerbestatus zu erlangen. 

Christoph Matthes ermutigte daher die Vereine nochmals eindringlich, sich aktiv einzubringen und ihre Dokumentationen so bald wie möglich einzureichen. „Wir habe jetzt die Chance, den Karneval in seiner ganzen Vielfalt zu zeigen. Jeder Verein sollte stolz auf seine eigene Geschichte sein und sie teilen“, sagte Christoph.

Um den Prozess zu erleichtern, wurde ein Online-Formular erstellt, über das die Vereine ihre Beiträge einreichen können:
Hier geht’s zum Formular.

Ausblick: Thüringer NarrenTreff im Oktober und Narrenkongress 2025

Beim nächsten Thüringer NarrenTreff am 15. Oktober 2024 wird das neue Online-Ticketing-System vorgestellt, das den Ticketverkauf für Veranstaltungen der Vereine revolutionieren soll. Der Treff wird zudem zur Vorbereitung des Narrenkongresses 2025 genutzt, der am 15. März 2025 in Ilmenau stattfinden wird. Hier wird es unter anderem um Satzungsänderungen und Wahlen gehen. Auch Professor Dr. Werner Mezger wird als Referent teilnehmen und erneut wertvolle Einblicke in die Kulturgeschichte des Karnevals geben.

Fazit: Ein Abend voller Inspiration und Aufgaben

Der Thüringer NarrenTreff am 17.09.2024 zeigte einmal mehr, wie wichtig das Engagement jedes Einzelnen für den Erfolg des Karnevals ist. Die Herausforderungen, den Karneval als immaterielles Kulturerbe anzuerkennen, sind groß, doch mit vereinten Kräften und einer starken Basis kann dieses Ziel erreicht werden. Die Botschaft des Abends war klar: Die Vereine müssen jetzt aktiv werden, ihre Traditionen dokumentieren und so zum Erfolg des Antrags beitragen. Der Link zur Zuarbeit steht allen zur Verfügung: Jetzt mitmachen!.

Mit dieser positiven Stimmung und klaren Aufgaben verabschiedeten sich die Teilnehmer des Abends – in Vorfreude auf den nächsten NarrenTreff im Oktober und den Narrenkongress im kommenden März.

Bildquellen: oehning-tourismus.de und stiftung-demokratie-saarland.de